MODELLBAU "ROSTIGER NAGEL" Sommersemester 2016 I Betreuer: Franz Wimmer
Verfasser: Leonie Münch, Mark Kreppel, Farah Jean Fürst
THEMA TREPPE
Im Kontext einer Architekturwahrnehmung, die zunehmend stärker über visuelle, computergenerierte Bilder beeinflusst und geprägt ist, soll anhand eines bereits gebauten Projekts, zum Thema "Treppe", ein Modell gebaut werden.
Das Architekturmodell ist ein Arbeits- und Entwurfswerkzeug und ein Teil der Darstellung, wie die Plandartstellung. Entwurfsmodelle können helfen, sehr schnell die Kubatur eines Entwurfes und die räumlichen Zusammenhänge zu erfassen. Hierbei wird die Wahrnehmung und das Konstruktionsverständnis geschult und räumliche Situationen werden erfahrbar gemacht. Zudem werden Grundkenntnisse im handwerklichen Umgang mit Technik und Materialien gestärkt.
MODELLBAUPROJEKT "ROSTIGER NAGEL"
Wir haben den Aussichtsturm "Rostiger Nagel" für dieses Thema wegen seiner außergewöhnlichen Grundrissform und den versetzt angeordneten Treppenläufen und Podesten in unterschiedlicher Geometrie gewählt. Besonders das Nachbilden der charakteristischen Erscheinung des Materials Stahl mit seiner rotbraunen Patina, sowie das Erfassen der Geometrie war ausschlaggebend.
MODELLBAUVORGANG
Zu Beginn dieses Projektes haben wir Informationen und Planunterlagen über den "Rostigen Nagel" gesammelt und analysiert. Anhand dieser Grundlagen haben wir die Pläne in einem CAD Programm gezeichnet und daraus ein 3D-Modell erstellt.
Um den Maßstab zu prüfen haben wir ein Testmodell im Maßstab 1:50 aus Finnpappe gebaut.
Im weiteren Verlauf haben wir ein 1,5 mm starkes Stahlblech besorgt und die Einzelteile mit einer Wasserstrahlschneidemaschine zuschneiden lassen. Die daraus gewonnenen Zuschnitte haben wir mithilfe der Schlosserei der Hochschule München in der Karlstraße zusammengeschweißt.
Das war im Sommer 2016... Im Anschluss daran war Geduld gefragt... Das Modell wurde Wind und Wetter ausgesetzt, damit das Material nach und nach die gleiche charakteristischen Erscheinung, mit seiner rotbraunen Patina, wie sein Original erhält.
Die Fotos zeigen die Entwicklung vom Sommer 2016 bis zum Sommer 2017.
RECHERCHE: GRUNDDATEN
Der Aussichtsturm steht im südbrandenburgischen Lausitzer Seenland, nahe der Stadt Senftenberg. Das Seenland ist im Zuge der internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land entstanden und ist die größte künstliche Seenlandschaft Europas in dem Tagebaulöcher, Relikte aus der Zeit der Braunkohlegewinnung, geflutet wurden. Der Aussichtsturm symbolisiert diesen Wandel der Region – von einer Bergbau- zu einer Seenlandschaft.
Er befindet sich an der Einmündung zum Sedlitzer See und ist 30 Meter hoch. 162 Stufen führen hoch zur Aussichtsplattform. Der Turm wurde am 23. Oktober 2008 nach 70 Tagen Bauzeit freigegeben.
Der Entwurf stammt vom Münchner Architekten Stefan Giers und vom Tragwerksplaner Seeberger Friedl und Partner. Die Kosten betrugen fast 1 Millionen Euro.
RECHERCHE: GEOMETRIE
Das Bauwerk hat zwei Gesichter: öffnet sich zur Landseite mit seinen skulpturalen Treppenläufen zur Seeseite als großmaßstäbliche Stele mit geschlossenen Flächen. Die Grundfläche ist ein rechtwinkliges Dreieck mit den Kathetenlängen von ca. 12m und 8m. Der Aussichtsturm hat 9 versetzt angeordnete Treppenläufe und 8 Podeste unterschiedlicher Geometrie. Dadurch werden vielfältige Raumvarianten/ Raumeidrücke erzeugt.
RECHERCHE: KONSTRUKTION
Der Turm ist vollständig mit 6mm bzw. 10mm starken Blechen aus wetterfestem Stahl (Cortenstahl) erbaut. Die sichtbaren Oberflächen bieten gleichzeitig die Primärkonstruktion, bei der alle Teile statisch wirksam sind. Die 2 geschlossenen, im rechten Winkel angeordneten Wände bestehen aus übereinander geschweißten Hohlkörpern, die durch innenliegende Querträger und im Zickzack gebogene Flachstahlbänder ausgesteift sind. Die Regenleitungen sind in den Hohlkörpern verborgen.
Die Brüstungen und angeschweißten Treppenläufe sind aus gekantetem Stahlblech mit nur 6mm Stärke geformt deshalb schwingen die Stufen leicht beim Hinauf- und Hinabsteigen. Dadurch wird jeder Schritt akustisch erlebbar durch den Klang, den der Hohlkörper verstärkt.
Das Bauwerk wurde in Teilen vorgefertigt und anschließend in größtmöglichen Elementen per LKW angeliefert. Aufwendige Schweißarbeiten vor Ort konnten somit auf ein Minimum reduziert werden.
RECHERCHE: MATERIALITÄT
Der „Rostige Nagel“ besteht aus wetterfestem Baustahl, der durch Witterungseinflüsse eine rotbraune Patina erhält. Der Name des Turms ‚Rostiger Nagel‘ entstand materialbedingt, da die rotbraune Patina im Laufe der Zeit noch zunehmen wird. Diese Oberfläche soll dem Turm ein Aussehen von Tagebaumaschinen geben.
Die Ausbildung und Gestaltung der Details ist geprägt durch die Suche nach größtmöglicher Einfachheit und durchgängiger Materialität. Rohe, unbehandelte Oberflächen haben Notizen von der Montage und Aufdrucke mit Produktangaben vom Stahlwerk und vermittelt dem Besucher Eindrücke von der Herstellung des Bau-werks.